Fremdgehen beginnt für einige schon im Kopf und für andere erst dann, wenn der Partner mit jemand anderen schläft, als man selbst. Die Grenzen sind verschwommen, denn sie liegen oftmals so dicht beieinander und trotzdem werden sie bei jedem zu einem anderen Zeitpunkt überschritten. Fremdgehen ist gewissermaßen undefinierbar, denn es gibt keine Formel, die besagt Fremdgehen=Partner + anderer Mensch x Intimitäten².
Aber warum gehen Männer und Frauen überhaupt fremd und haben Sex außerhalb der Beziehung und der eigenen vier Wände?
Gehen Männer fremd, weil ihr einziger Daseinsgrund die Produktion und die Verteilung von Sperma ist? Und gehen Frauen fremd, weil sie dieses „höchste Gut“ empfangen wollen, um als Geburtsmaschine zu enden? Würde es nach der Evolutionsbiologie gehen, dann wären das scheinbar logische Gründe und willkommene Ausreden für alle Fremdgänger. Doch das scheint der heutigen Zeit nicht zu entsprechen, denn die Geburtenraten in Deutschland liegt bei 1,5 Kindern pro Frau.
Sollten wir nicht endlich einmal anfangen, die Gründe für das Fremdgehen da zu suchen, wo sie beginnen? Nämlich in der Beziehung.
Und dabei scheint auch festzustehen, dass man nicht von Beginn an in einer Beziehung fremdgeht. Man denkt in der großen Verliebtheit nicht einmal ans Fremdgehen und will es unbedingt tun. Natürlich nicht, denn man hat ja selbst Sex, sooft es geht und überall, wie die Karnickel im Stall. Doch so wie man jede Nacht einschläft, so schläft auch der Sex nach jahrelanger Rammelei ein. Und im schlimmsten Fall sterben die Karnickel eines Tages aus und haben gar keinen Sex mehr. Und dabei verbinden gerade diese intimen Momente. Sex ist ein Ausdruck dessen, dass man die Nähe des Partners spüren möchte, auf die wohl höchst intensivste Weise, die es gibt. Diese Momente schaffen Geborgenheit, Nähe und zeigen Liebe. Natürlich ist Sex nicht der ultimative Liebesbeweis, aber es ist auch unsinnig zu sagen, dass Sex in einer Beziehung nicht wichtig sei.
Fremdgehen ist die Flucht aus der Beziehung. In der Hoffnung, von jemandem das zu bekommen, was einem der Partner nicht mehr gibt. Es sind schlichtweg die Puzzleteile, die in der Beziehung fehlen. Die einen gehen auf die Suche nach dem Sex-Puzzleteil, dass seit Jahren fehlt und haben One-Night-Stands. Und andere suchen Puzzleteile auf mehreren Ebenen und der eigentliche Ursprung lag eigentlich nicht darin, dass einem der Sex fehlte. Auch unbefriedigte Bedürfnisse, wie Anerkennung, Wertschätzung, Sicherheit und Liebe können zum Fremdgehen führen.
So war es bei Sophie. Sie ist seit über zehn Jahren mit ihrem Mann zusammen. Beide haben regelmäßig Sex miteinander und sind experimentierfreudig, doch ihr fehlte die Anerkennung und Wertschätzung durch ihren Mann. Als Sophie beruflich einen anderen Mann kennenlernte, der ihr genau das zeigte, war sie natürlich begeistert. Sie bekam das, was ihr die ganzen Jahre fehlte und was sie so sehr vermisste. Doch aus der Befriedigung der Bedürfnisse entwickelte sich dann auch eine sexuelle Anziehung und Sophie ging fremd.
Es ist der einfachste Weg, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Man geht fremd, anstatt an der eigenen Beziehung zu arbeiten oder sich schlichtweg zu trennen, wenn es nicht mehr geht. Die Beziehung wird wie ein Kaugummi vor sich hergezogen, aufgrund des Hauses, finanzieller Abhängigkeiten oder der Kinder. Es wird weitergemacht, obwohl es vielleicht keinen Sinn mehr hat. Es scheint so richtig zu sein, obwohl es sich tief im Inneren falsch anfühlt. Und die einzige Flucht aus dem ganzen Schlamassel ist nicht die Trennung, sondern der One-Night-Stand oder die Affäre. Weg vom Alltag, weg vom Alten, auf ins Neue, ohne Probleme. Ja, man versucht vor dem eigentlichen Problem zu fliehen, weil man zu schwach zum Kämpfen ist oder man hat einfach keine Eier in der Hose, es einfach zu beenden.
Doch auch alles Neue führt oft zum Alten.
Und dann? Kämpfen oder fliehen?
Therese Kersten
Inhaberin und Gründerin „Die Treuetester“
„Vor neun Jahren verliebte ich mich und musste eines Tages feststellen, wie schmerzhaft Liebe sein kann. Wenn man betrogen wird, dann fühlt es sich an, als würde alles, was man über die Jahre hart aufgebaut hat, wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Die Liebe, das Vertrauen, die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft – alles nur noch Luft. Doch mit der Enttäuschung kam die Idee, „Die Treuetester“ zu gründen. Seitdem beschäftige ich mich mit den Themen Treue und Beziehungen und versuche meinen Kunden vor allem eines zu geben: die langersehnte Gewissheit auf die quälende Frage, ob der Partner treu ist.“