Romance-Scammer: Wa(h)re Liebe gegen Geld
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Romance-Scammer: Wa(h)re Liebe gegen Geld

Romance-Scammer: Wa(h)re Liebe gegen Geld

©oatawa/Fotolia.com

Für sie ist es die wahre Liebe. Für Romance-Scammer ist es nur die Ware Liebe und ein lukratives Geschäft. Über Dating-Plattformen oder soziale Netzwerke sind sie auf der Suche nach ihrem nächsten Opfer, bei dem sie Hoffnungen und Träume wecken auf die große Liebe. Doch am Ende geht es nur um eins: um Geld. So erging es auch der 52-jährigen Marion, die sich Hals über Kopf in den vierzehn Jahre jüngeren US-Soldaten James verliebte, der sie mehrere tausend Euro kostete. Ich habe mit Marion gesprochen, wie es ihr mit ihrem Romance-Scammer erging und wie man sich gegen den Liebes-Betrug schützen kann.

 

Romance-Scammer: Ihre Masche

 

Liebe Marion, wie hast du James kennengelernt und welchen ersten Eindruck hattest du von ihm?

Marion: Ich hatte James auf einer Online-Partnerbörse kennengelernt, auf der ich schon seit mehreren Monaten mein Glück versuchte. Drei Jahre nach meiner Scheidung wagte ich mich online neue Leute kennenzulernen und hoffte auch darauf, dass mir vielleicht doch noch einmal die große Liebe begegnet. Doch es war leider niemand dabei, der mein Herz für sich erobern konnte. Die Texte zu plump und keineswegs originell und die Männer in meinem Alter auch wenig attraktiv. Bis ich James kennenlernte, der offensichtlich wusste, was Frauen hören wollen.

Wie hat James es geschafft, dein Herz zu erobern? 

Marion: James hatte in seiner ersten Nachricht sehr offen geschrieben, was er bereits mit seinen 38 Jahren erlebt hatte, wie seine Situation momentan sei und was er sich für die Zukunft wünscht. Es klang alles sehr tragisch und ich hatte Mitleid mit ihm und seinem Schicksal. Er sprach von seiner verstorbenen Frau und seinen zwei Kindern, die bei der Großmutter leben mussten, weil er in Afghanistan stationiert war. Und doch erweckte er so viel Hoffnung auf eine Zukunft mit Liebe & Freude. Ich konnte mich gut damit identifizieren, weil ich auch keine leichte Vergangenheit hatte und mir auch nichts weiter wünschte als eine heile Zukunft. Und so hatten wir dann jeden Tag Kontakt.

Wie hat sich der weitere Kontakt zwischen euch entwickelt?

Marion: Wir schrieben täglich und die Gespräche wurden immer intensiver. Ich erzählte ihm von meiner Scheidung, da mein Ex-Mann mich betrogen und ich deshalb das Vertrauen verloren hätte. Er schmeichelte mir nach einiger Zeit immer intensiver und sagte, dass er es niemals über das Herz bringen würde, eine Frau zu betrügen. Nach ca. 2 Wochen setzte er immer mehr Komplimente in meine Richtung, nannte mich „Love“ und machte mich zu seinem „Hoffnungsschimmer“ an seinen einsamen Tagen. Wir fingen dann auch an zu telefonieren und schrieben über WhatsApp. Dann meldete er sich einen Tag überhaupt nicht. Das war der Tag, an dem ich merkte, wie sehr er mir fehlte und wie ich mich um ihn sorgte. Mir fehlten seine Worte und Nähe, obwohl wir uns bisher nicht gesehen hatten. Heute glaube ich, dass er das bewusst gemacht hat, um mir zu zeigen, dass ich eigentlich da schon nicht mehr ohne ihn kann.

James hatte dich dann bald gefragt, ob du Geld schicken kannst. Um wie viel Geld ging es und wofür wollte er es haben? 

Marion: Ja, er fragte mich ca. sechs Wochen nach unserem Kennenlernen, ob ich ihm helfen könnte. Dadurch, dass er in Afghanistan stationiert sei, wäre es ihm nicht möglich Geld, was dringend benötigt wird, seinen Kindern zu schicken. Er sagte, dass seine Tochter scheinbar sehr krank geworden ist und die Ärzte nicht wissen würden, was sie hätte. Um das herauszufinden, wären viele Untersuchungen bei Spezialisten notwendig. Sie bräuchten 1.500 € für die ersten Untersuchungen und James fragte mich, ob ich diese per Western Union schicken könnte. Ohne lange zu überlegen, schickte ich seinen Kindern das Geld.

Wieso hast du einem dir eigentlich Fremden Geld geschickt? Und was ist danach passiert?

Marion: In den letzten Wochen war der Kontakt zwischen James und mir sehr innig und ich war verliebt. Für mich stand es immer außer Frage, jemandem nicht zu helfen, den ich liebe. Ich weiß, das klingt sehr blauäugig. Doch, auch wenn jetzt jeder vermutet, dass das Geld weg war, der irrt sich. Drei Wochen später habe ich das Geld zurückbekommen. Das schaffte natürlich Vertrauen auf meiner Seite. Und auch da glaube ich, dass es eine Masche eines Romance-Scammer ist, um an noch mehr Geld zu kommen. Denn zwei Wochen später fragte er mich wieder nach Geld. Diesmal ging es um 5.000 € für weitere wichtige Untersuchungen. Und weitere drei Wochen um 3.000 €.

Diesmal Geld, welches du nie wieder gesehen hast?

Marion: Genau. Nachdem ich die letzten 3.000 € geschickt hatte, sagte mir James, dass er das Geld sofort zurückzahlt, wenn er wieder in Amerika ist. Das sollte ca. fünf Wochen später sein. Doch in der Zeit fragte er mich wieder nach Geld. Es schien sich alles nur noch ums Geld zu drehen. Und ich sagte ihm dann, dass ich nichts mehr schicken könnte, da ich selbst nicht mehr habe. Auslöser für ihn sein Spiel zu beenden, denn seit dem Tag meldete er sich nicht mehr bei mir. Er blockierte meine Anrufe und WhatsApp-Nachrichten. Von da an wusste ich, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte und wahrscheinlich betrogen wurde. Ich erzählte dann einer Freundin schweren Herzens von den Geldzahlungen und sie fasste sich nur an den Kopf und sagte mir, dass ich an einen Romance-Scammer geraten sein muss. Ich hatte vorher noch nie davon gehört und war geschockt, als ich all´ die Informationen dazu gelesen hatte. Denn ich fand mich in all´ dem wieder.

Wie hast du dich gefühlt, als dir klar wurde, dass du von einem Romance-Scammer belogen und betrogen wurdest? 

Marion: Es tut weh, wenn die Liebe als Mittel benutzt wird. Wenn die Einsamkeit und die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft benutzt wird, um einen Menschen sein Geld zu stehlen. Es ist wie ein doppelter Betrug: materiell und seelisch. Man zweifelt an den Mitmenschen und man zweifelt auch an sich selbst und stellt sich die Frage: „Wie konnte nur mir so etwas passieren?“. Die Antwort ist ganz einfach, denn gegen Gefühle ist man machtlos. Ich war damals zu feige zur Polizei zu gehen, denn ich schämte mich, dass es mich getroffen hatte. Heute würde ich es anders machen und den Fall melden, um auch andere Frauen zu schützen.


 

Welche Anzeichen sprechen für Romance-Scamming?

  • Laut Polizei geben sich die Romance-Scammer häufig als gebildete weiße Männer aus, die aus Europa oder den USA stammen. Sie sprechen perfekt englisch oder sogar deutsch. Berufe der Männer können sein: Soldaten, Ärzte, Computerspezialisten, Ingenieure, Architekten.
  • Die verwendeten Profil-Bilder sind „gestohlen“.
  • Romance-Scammer haben ungewöhnliche Lebensgeschichten: verstorbene Ehepartner oder kranke Kinder und sind meist selbst aufgrund des Jobs im Ausland.
  • Bereits nach kurzer Zeit bekunden die Betrüger dem Opfer ihre Liebe. Danach folgen ständige Liebesbekundungen per Mail, am Telefon oder im Chat und die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft wird geweckt.
  • Oftmals müssen die Romance-Scammer plötzlich aus geschäftlichen oder privaten Gründen nach Westafrika.
  • In jedem Fall kommt es zu „Schwierigkeiten“: Überfälle, Krankenhausaufenthalte, gestohlene Pässe, Probleme mit Kreditkarten, kranke Familienangehörige.
  • Gründe, um nun das Opfer nach Geld zu fragen. Dieses soll meistens über Western Union oder MoneyGram geschickt werden.
  • Es ist möglich, dass geliehenes Geld am Anfang sogar zurückgezahlt wird, um Vertrauen zu schaffen.

Wie kann man sich gegen Romance-Scammer schützen?

  • Fotos aus dem Alltag schicken lassen, auf Video-Telefonate oder Live-Chats bestehen
  • verwendete Profil-Bilder ggf. über Google mit der umgekehrten Bildersuche suchen
  • den Namen der neuen Bekanntschaft bei Google suchen, ggf. mit dem Zusatz “Scammer” oder “Scamming”
  • bei Kontakt per Mail: den Quellcode der Mail auslesen und mit einem Tool (E-Mail Header Analyse) den Aufenthaltsort anhand der IP-Adresse bestimmen
  • bei Telefonkontakt, die Nummer bei LOYAL MATCH (Werbung) suchen

 

 


Therese Kersten

 

Inhaberin und Gründerin „Die Treuetester“

„Vor neun Jahren verliebte ich mich und musste eines Tages feststellen, wie schmerzhaft Liebe sein kann. Wenn man betrogen wird, dann fühlt es sich an, als würde alles, was man über die Jahre hart aufgebaut hat, wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Die Liebe, das Vertrauen, die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft – alles nur noch Luft. Doch mit der Enttäuschung kam die Idee, „Die Treuetester“ zu gründen. Seitdem beschäftige ich mich mit den Themen Treue und Beziehungen und versuche meinen Kunden vor allem eines zu geben: die langersehnte Gewissheit auf die quälende Frage, ob der Partner treu ist.“